Abfallwirtschaft

Jeden Tag. Gerne! – Aber vorwärts bitte!

Das Rückwärtsfahren mit Abfallsammelfahrzeugen birgt ein hohes Gefährdungs- und Unfallpotenzial für alle anderen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Insbesondere Personen, die zu Fuß unterwegs sind, können bei einem Unfall mit einem tonnenschweren Lkw schwerste Verletzungen davontragen – auch mit Todesfolge.

Nach langjährigen Debatten wurde im Jahr 2016 von der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) eine verbindliche Branchenregel eingeführt, die sehr konkrete Vorgaben für das Rückwärtsfahren auch für uns als kommunales Unternehmen macht. Demnach darf das Rückwärtsfahren in eine Straße ohne Wendemöglichkeit nicht mehr erfolgen.

Die Praxis sieht bisher anders aus. Unser Fahrpersonal zwängt sich durch engste Durchfahrten, um auch die letzte Abfalltonne zu erreichen. Die Fahrzeugführerinnen und -führer brauchen allerhöchste Konzentration. Jede Person, die schon einmal ein Fahrzeug ohne Innenrückspiegel gefahren hat, weiß, wie überraschend Radfahrerinnen und Radfahrer oder Fußgängerinnen und Fußgänger aus dem „toten Winkel“ auftauchen können, und kann wahrscheinlich auch erahnen, wie herausfordernd das Rückwärtsfahren durch engste Straßen sein kann. So hat man schnell einen Kratzer oder „Blechschaden“ am Fahrzeug. Verletzungen von Personen durch einen wuchtigen Abfallwagen sind dagegen deutlich gravierender.

In Duisburg gibt es zahlreiche enge Straßen, Zufahrten und Wege, die von dieser Regelung betroffen sind. Die Beschäftigten des Rückwärtsfahrmanagements prüfen ausschließlich diese Fälle, also auch die Wege und Gegebenheiten vor Ort. Sie suchen gemeinsam nach Lösungen, so zum Beispiel dass Parkverbote eingerichtet werden oder ein Wendehammer vergrößert wird. Für die Leerung der Mülltonnen, die nun nicht mehr direkt vor dem Haus abgeholt werden können, müssen Übergabeplätze festgelegt werden, das heißt, die Anwohnerschaft ist für das Bringen und Holen der Behälter zuständig.

Auch die WBD haben zahlreiche Maßnahmen zur Risikominimierung ergriffen

In einem Rückwärtsfahrkataster werden die Abschnitte verwaltet, die rückwärts angefahren werden dürfen. Für sie gelten Gefährdungsbeurteilungen und Richtlinien, die das Vorgehen für die Beschäftigten ortsbezogen festlegen. Das Fahrpersonal wird regelmäßig zum Thema geschult und sensibilisiert und sein Fahrverhalten kontrolliert. Technisch werden Rückfahrkameras und Sensoren eingesetzt, um den Fahrerinnen und Fahrern eine bessere Sicht und mehr Kontrolle zu ermöglichen.

Dieser Aufwand zahlt sich aus! Zwischen 2017 und 2023 gab es bundesweit deutlich weniger Unfälle mit Personenschaden, die durch Rückwärtsfahrten mit Abfallsammelfahrzeugen verursacht wurden, darunter leider aber auch zwei Todesfälle. Trotzdem stößt unser Fahrpersonal oft auf Unverständnis, wenn es behutsam durch enge Straßen manövrieren muss oder das Umdrehen im zugeparkten Wendehammer etwas länger dauert.

Die Abfallwagen sind in den letzten 30 Jahren nicht größer geworden – im Gegensatz zu den Privatwagen, die enorme Stellflächen beanspruchen und, im Halteverbot abgestellt, ein vermeidbares Hindernis darstellen. Zusätzlich können Stromkästen, Laternen, Bäume oder Schilder die Sicht einschränken. Bei den Planungen von neuen Straßen, Zufahrten oder Wohnanlagen werden die benötigten Fahrbahnmaße zu selten berücksichtigt oder es besteht Unkenntnis über die Vorgaben der DGUV. Würden diese konsequent beherzigt werden, hätten alle Beteiligten etwas davon.